Spurensuche
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Der VHD – Vorstand hat sich entschieden, den folgenden Beitrag von Herrn Jürgen Vits , dessen Vorfahren in Wickrathberg lebten, zum Schicksal von Hilde Shermann-Zander in einer von ihm autorisierten Form hier zu veröffentlichen.
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Der Nationalsozialismus und seine Folgen sind auch an Wickrathberg nicht spurlos vorüber gegangen. Von 1704 bis zu ihrer Zerstörung 1938 stand an der Berger Dorfstraße eine Synagoge. Eine Gedenkplakette erinnert heute an das ehemalige jüdische Gotteshaus, das von den jüdischen Bürgern aus Wickrath, Beckrath, Herrath und Wickrathberg besucht wurde. Am Stichtag 16. Juni 1925 lebten in Wickrathberg acht Juden, wie eine Volkszählung ausweist.
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Standort an der Berger Dorfstraße.
Die 4 Stolpersteine der Familie Zander.
Die Gedenkplatte vor der einstigen Synagoge auf der Berger Dofstraße.
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Um 1860 wurde an der Berger Dorfstraße in Wickrathberg eine neue Synagoge gebaut. Die Kosten dafür trug im wesentlichen der Textilunternehmer Abraham Gormanns. Sie wurde mit einem Fest am 26. und 27. November 1859 offiziell eingeweiht. Die jüdische Gemeinde in Wickrath war zu dieser Zeit die größte im Kreis Grevenbroich. Ab 1885 ging sie in ihrer Bedeutung zurück. Die meisten Gemeindeangehörigen zählten zu den unteren sozialen Schichten. Die errichtete Synagoge bestand unverändert bis 1938, abgesehen von einer Renovierung 1935.
Flurkarte von Wickrathberg vom 12.01.1913, wo einst die Synagoge stand.
Neuere Flurkarte von Wickrathberg vom Standort der Synagoge.
Foto vom Standort der Synagoge auf heutigen Berger Dorfstraße.
Zeitungsausschnitt zur Synagogen-Einweihung vom 20.11.1859
Zeitungsausschnitt zum Einweihungsfest einer neuen Sepher-Thora vom 03.07.1864
Foto aus der Synagoge in Wickrathberg um 1930
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"Kleine Jüdin - Weil es nicht nur Geschichte ist"
Eine Spurensuche von Jürgen Vits - Ein Beitrag zur Wickrathberger Geschichte - September 2013
"Kleine Jüdin - Weil es nicht nur Geschichte ist"
Eine Spurensuche von Jürgen Vits - Ein Beitrag zur Wickrathberger Geschichte - September 2013
Meine Ausführungen handeln von einer Spurensuche nach Begebenheiten, die sich vor über siebzig Jahren in dem niederrheinischen Dorf Wickrathberg zugetragen haben und von einer wunderbaren Begegnung mit einem berührenden Menschenschicksal. Bevor ich meine Zeitreise in die Vergangenheit beginne, möchte ich schildern, aus welchen Motiven und mit welchen Fragen ich mich auf die Suche begeben habe.
Meine Frau und ich interessieren sich sehr für Kunst. Unser Augenmerk gilt dabei besonders den Malerinnen und Malern der so genannten „Verschollenen Generation“. Es handelt sich um deutsche Künstler, die zumeist zwischen 1890 und 1910 geboren wurden, und deren Biografien durch Weltkriege, Nazi-Herrschaft, Wirtschafts- und Währungskrisen sowie soziale Verwerfungen geprägt wurden. Die Nationalsozialisten diffamierten viele Werke auch dieser zweiten Generation der Klassischen Moderne als „entartete Kunst“. Die betroffenen Malerinnen und Maler wurden dabei häufig Opfer von Berufs- und Ausstellungsverboten sowie Beschlagnahmungen. Sie reagierten in vielen Fällen mit innerer Emigration; nicht wenige von ihnen sahen sich gezwungen, Deutschland zu verlassen. Durch Kriegseinwirkung wurden schließlich viele Frühwerke dieser Künstler vernichtet.
Im letzten Jahr hatten wir im Kunsthandel ein Gemälde der „verschollenen“, wenig bekannten Malerin Maria von Heider-Schweinitz (1894-1974) erworben. Es trägt den Titel „Kleine Jüdin“ mit der Datierung „10. November 1938“ auf der Rückseite der Leinwand und zeigt das Porträt eines jungen Mädchens.
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Stolperstein für Hilde Sherman
(Text und Fotos: Heinz-Gerd Wöstemeyer)
Künstler Gunter Demnig hat in Mönchengladbach 14 neue Stolpersteine verlegt, einer dieser zehn mal zehn Zentimeter großen Gedenktafeln aus Messing gilt Hilde Sherman aus Wickrathberg. Insgesamt sind in unserer Stadt nun 255 Erinnerungssteine für NS-Opfer in Gehwege eingelassen, weltweit sind es 57.000.
Wickrathberg. Im Beisein von Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners, Bürgermeister Ulrich Elsen und zahlreichen Gästen verlegte der Kölner Künstler Gunter Demnig am 10. März einen Stolperstein für Hilde Sherman an der Berger Dorfstraße 27 in Wickrathberg. Sherman wurde 1923 als Hildegard Zander in Wanlo geboren und lebte später mit ihren Eltern Albert und Paula und ihren Geschwistern Herbert und Ruth in Wickrathberg. Sie war die einzige, die den Holocaust überlebte; auch ihr erster Ehemann Kurt Winter starb in einem Konzentrationslager. 1984 veröffentlichte Hilde Sherman ihr Buch „Zwischen Tag und Dunkel - Mädchenjahre im Ghetto“, in dem sie ihre persönlichen Erinnerungen von ihrem 13. Geburtstag im Jahr 1936 bis zu ihrer Befreiung 1945 niederschrieb; im März 2011 starb sie in Jerusalem.
Fakten: Für 120 Euro kann jeder eine Patenschaft für das Herstellen und Verlegen eines Stolpersteins in den Maßen 10 x 10 x 10 cm übernehmen. Anfragen zu Patenschaften nimmt das Büro des Oberbürgermeisters entgegen unter Telefon 0 21 61/ 25-2507.
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(Text: Thomas Steinert / Fotos: Lothar Hericks)
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